Der Industriedesign-Absolvent Benno Brucksch steht mit seiner Abschlussarbeit „Tangible Tags“ auf der Shortlist des erstmals vergebenen und mit 1.000 Euro dotierten Design Research Preises. Die Auszeichnung wird über Public Voting vergeben.

2020 vergibt das beim Rat für Formgebung angesiedelte Institute for Design Research and Appliance (IfDRA) erstmalig im Rahmen der German Design Graduates Initiative einen Nachwuchspreis für Designforschung, den Design Research Award.

Aus allen eingereichten Arbeiten hat Stephan Ott, der Leiter des Instituts, mit seinem Team 6 herausragende Gestaltungsprojekte für die Shortlist ausgewählt, die sich an der Schnittstelle von Theorie und Praxis bewegen und die durch deren Kombination und Integration in den Designprozess besondere Resultate hervorbringen.

Benno Bruckschs Abschlussarbeit Tangible Tags untersucht Möglichkeiten, wie Datenspeicherung in unserer digitalisierten Welt mehr den kognitiven und sensomotorischen Fähigkeiten des Menschen entsprechen könnte.

Mit der Verknüpfung von menschlicher und künstlicher Gedächtnisleistung gelingt es Tangible Tags, eine Brücke zwischen der digitalen und der analogen Welt zu schlagen. Mittels drei unterschiedlicher Interfaces werden die sensomotorischen und kognitiven Fähigkeiten von Menschen genutzt, um Daten mit dem eigenen Körper, einer künstlichen Architektur oder mit physischen Objekten zu verknüpfen beziehungsweise zu speichern – und auf dem gleichen Weg auch wieder abzurufen.

Die Grundlage der meisten Arbeiten von Benno Brucksch ist sowohl eine forschende Fragestellung wie auch Aspekte von praxisorientierter Designforschung. Inspiriert wurde Tangible Tags vom Computerspiel SimCity 300, in dem er in seiner Kindheit mit Begeisterung eigene Städte entwarf. Dies diente ihm als Basis für seine Gedanken zur Frage, wie eine Datenstruktur – oder Datenstadt – überhaupt aufgebaut sein sollte. Damit stellt er unsere gewohnte Mensch-Computer-Interaktion beim Speichern und Abrufen von Daten infrage. Als Ergebnis des praxisorientierten Forschungsprozesses sind daraus dann drei verschiedene Interfaces entstanden, die auf dem Schreibtisch neben dem Computer ihren Platz finden und als Schnittstelle zwischen analoger und digitaler Welt fungieren.

Während seiner Recherche hat Benno Brucksch vor allem mehr darüber gelernt, wie das menschliche Gedächtnis funktioniert und welche Potenziale diese Mechanismen auch im Bereich der Technikentwicklung spielen können. Fragen, ob die Tendenz, Interaktionen zwischen Mensch und Computer immer stärker zu reduzieren und ob Maus, Tastatur und Touchdisplays überhaupt den sensomotorischen und kognitiven Fähigkeiten der Menschen gerecht werden, spielen in seiner Arbeit eine zentrale Rolle. Die entstandenen Interfaces sind dabei als Gegenentwurf zu dieser Reduktion zu verstehen, da sie über die Interaktion mit dem eigenen Körper, der Umgebung und anderen Objekten funktionieren. Darüber hinaus werden im Gegensatz zu anderen bestehenden Systemen keine fertigen Strukturen zur Datenablage bereitgestellt, sondern dem Nutzer stattdessen verschiedene Interaktionsmöglichkeiten angeboten, wobei er die individuelle Struktur selbst gestalten muss. 

Benno Brucksch stellt etablierte Prozesse infrage und bricht mit der weitverbreiteten Annahme, dass Technologie die Interaktion mit Produkten diktieren muss. Mit seiner nutzerzentrierten Herangehensweise setzt er menschliche Verhaltensweisen und technologische Möglichkeiten komplimentierend ein und ermöglicht neue Nutzungsszenarien, die mehr der menschlichen Natur entsprechen. In einer Welt, in der Daten und deren Speicherung einen enormen Teil unseres Alltags (privat wie beruflich) ausmachen, ist die Auseinandersetzung mit der Thematik hoch relevant. 

Dotiert ist der Nachwuchspreis mit einer Summe von 1.000 Euro für den Gewinner*in, der nach der Vorauswahl durch das IfDRA nun direkt von der Design-Community über das Public Voting gewählt wird. Nun sind Sie aufgerufen, Ihre Stimme für die interessanteste Arbeit abzugeben! Zum Voting der Verlinkung folgen.