Im Sommersemester 2019 organisiert das Projekt FEM Power zwei Gesprächsrunden zur Sichtbarkeit von Frauen in künstlerischen und gestalterischen Berufen. Begrüßt werden u.a. am 13.5. das Goldrausch-Künstlerinnen-Projekt und am 12.6. die Macherinnen vom Projekt "notamuse".
„Es gibt kein Abonnement auf Fortschritt.“
In einem zusammen mit Sarah Schuhmann 2012 geführten Interview von Michaela Melián erklärte Silvia Bovenschen mit diesen Worten die Notwendigkeit zum fortwährenden Kampf um gleichberechtigte Teilhabe und Sichtbarkeit von Frauen in der Kunst. Auch das Bauhaus-Jahr eröffnete mit einer Diskussion über die Frage, wie sichtbar das Erbe der Frauen am Bauhaus heute ist und im Februar erklärte die Zeitschrift „Monopol“ das Thema Elternschaft zum letzten Tabu der Kunstwelt.
Die Debatte um mehr Sichtbarkeit von Frauen in künstlerischen und gestalterischen Berufen wird also endlich geführt, vielfach unterlegt von neuen statistischen Erhebungen, die den deutlichen Unterschied zwischen den Studentinnenzahlen an Kunsthochschulen und den Ausstellungs- und Verkaufszahlen von Frauen in der Kunstwelt deutlich machen (siehe dazu u.a. die Veröffentlichung des dt. Kulturrats von 2016 oder die 2018 erschienene Studie „Studio Berlin II“ vom Institut für Strategieentwicklung des bbk Berlin e.V.).
Neben dem Gender-Pay-Gap ist vom Gender-Show-Gap die Rede, auf den u.a. die Londoner Tate Modern nunmehr mit einer öffentlichkeitswirksamen Aktion reagiert: Ein Jahr lang werden alle Werke von männlichen Künstlern abgehängt. Auch in Leipzig eröffnete jüngst eine Ausstellung des Künstlerinnen-Netzwerks Leipzig/Berlin. Im Keller der Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig (GfzK) konnten die Besucher*innen die unterschiedlichsten Werke der Malerinnen betrachten, wodurch wiederum in den übrigen Räumen des Museums die Mehrzahl der männlichen Künstler im kunsthistorischen Kanon noch deutlicher hervortrat. Dabei ist das Ausstellungsformat nicht neu: Schon 1977 fand die Großausstellung „Künstlerinnen International 1877–1977“ in Berlin statt, zahlreiche ähnliche Formate folgten bis heute. Von einer „Ghettoisierung“ von Künstlerinnnen sprechen die einen, von der Notwendigkeit eingreifender Korrekturen die anderen.
„Fortschritt“, so die Lesart der Rechtswissenschaftlerin Susanne Baer, läge dann erst vor „wenn sich Wirklichkeiten, also konkrete Erfahrungen von Menschen ändern“.
Um genau diese konkreten Wirklichkeiten soll es in diesem Semester bei den Veranstaltungen von FEM Power in zwei offenen Gesprächsrunden gehen. Unter dem Motto „Kein Abonnement auf Fortschritt“ haben wir Gäste eingeladen, die mit unterschiedlichen Formaten und Strategien für mehr Sichtbarkeit von Frauen in der Kunst und im Design eintreten.
KUNST: 13.5.2019, 16-18 Uhr, Kunst-Campus im Weißen Haus, Seebener-Straße 193
Am Montag, den 13.5., begrüßen wir Kira Dell vom Goldrausch-Künstlerinnenprojekt in Berlin und die Künstlerin und Burg-Absolventin Yalda Afsah. Mit beiden wollen wir zum einen das Goldrausch-Programm kennenlernen und über die konkrete Arbeit der Förderung weiblicher Kunstschaffender sprechen. Uns interessiert, wie sich die Grundideen des Programms, Vernetzung und Professionalisierung, vielleicht auch in den eigenen Berufs- und Studienalltag übersetzen lassen. Darüber hinaus wollen wir konkret fragen, wie es um die Sichtbarkeit von Frauen in der Kunst steht und wie nachhaltig verschiedene Formate und Gleichstellungsstrategien in die Kunstwelt hineinwirken und sich auf den eigenen Karriereweg auswirken können. Wir freuen uns sehr die Runde mit Stefan Hurtig, Medienkünstler und QPL-Mitarbeiter im Bereich Ausstellen, Präsentieren und Netzwerk Kunst, zu erweitern um auch über die Möglichkeiten der künstlerischen Nachwuchs-Förderung an der BURG ins Gespräch zu kommen.
DESIGN: 12.6.2019, 16-18 Uhr, Design-Campus, Seminarraum der Bibliothek
Am Mittwoch, den 12.6., haben wir das Team rund um das Projekt „notamuse“ zu Gast, mit im Gepäck ihren kürzlich veröffentlichten Bildband, in dem die drei Grafikdesignerinnen Silva Baum, Claudia Scheer und Lea Sievertsen Interviews über Themen wie Frauen in „Männerberufen“ und Sexismus im Berufsalltag gesammelt haben. Mit 53 grafischen Arbeiten zeitgenössischer Designerinnen stellt die Publikation darüber hinaus ein Gegengewicht zu anderen Formaten da, die immer noch häufig ausschließlich oder vorrangig Männer vorstellen und zu Wort kommen lassen. Anders als die Muse, die durch ihre inspirierende aber passive Funktion männliche, kreative Geister anregt, geht es den drei Designerinnen um die Sichtbarkeit und Diversität von Frauen in künstlerischen und kreativen Berufen. Über die Sichtbarkeit und die Beweggründe für ihr Projekt wollen wir mit dem Team von „notamuse“ ins Gespräch kommen.
Wir freuen uns auf viele Interessierte, Zuhörer*innen und Mitdiskutanti*innen. Und Kinder sind herzlich willkommen!