Unter anderem ist auch Saša Stanišić, Preisträger des Deutschen Buchpreises 2019, mit seinem aktuellen Werk "Herkunft" zu Gast
In diesem Herbst sind mit Terézia Mora, Saša Stanišić, Jan Brandt, Nora Bossong, Katja Oskamp, Ann Cotten und Katja Gehrmann erneut bekannte Autorinnen und Autoren bei Literatur im Volkspark zu Gast. Im Nachgang zur Frankfurter Buchmesse werden vom 12. November bis 2. Dezember 2019 ihre herausragenden Neuerscheinungen im Volkspark Halle persönlich vorgestellt. Allen gemeinsam ist eine hohe literarische Qualität, doch die Bandbreite der behandelnden Themen ist weit: Es geht um Herkunft, Abschied, Ankommen, Rückkehr und die Liebe, um Jugoslawien, Sizilien, Ostfriesland, Berlin und prekäre Existenzen, um Wohnungssuche, Immobilienspekulationen, DDR und die Plattenbausiedlung Berlin-Marzahn, um utopische Zukunftsszenarien und was die UNO bei Konflikten eigentlich bewirken kann. Es gibt zudem spannende Geschichten, Witz und Sprachspiele und von Katja Gehrmann eine Lesung für Kinder ab 4 Jahre.
Die Veranstaltung wird gemeinsam von der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, der Stadt Halle (Saale) und dem Volkspark Halle e.V. ausgerichtet. In dieser, inzwischen elften, Ausgabe wurde zudem eine Lesung in Zusammenarbeit mit einer Studentin der BURG gemeinsam konzipiert: Die ausgewählte Lesung von Ann Cotton am 2. Dezember wird dabei auch von der Burg-Studentin moderiert werden.
Terézia Mora, Büchner-Preisträgerin 2018, eröffnet mit ihrem Roman Auf dem Seil am Dienstag, 12. November 2019, 19.30 Uhr, die Literaturreihe. Im dritten Band ihrer Romantriologie stellt sie wieder Darius Kopp, jenen umständlichen, etwas weltfremden IT-Spezialisten in den Mittelpunkt. Seit dem Freitod seiner Frau Flora ist sein Leben aus den Fugen geraten. Mit der Asche seiner Frau ist er durch Südosteuropa gereist auf der Suche nach sich selbst und dem, was ihre Liebe ausgemacht hat. Bis nach Sizilien ist er gekommen. Hier trifft er seine 17-jährige Nichte. Sie ist allein und braucht seine Hilfe. Mit ihr kehrt er nach Berlin zurück und lernt etwas über das Glück.
Terézia Mora, 1971 in Sopron, Ungarn, geboren, lebt seit 1990 in Berlin. Sie debütierte 1999 mit dem Erzählungsband Seltsame Materie, erhielt 2013 für ihren Roman Das Ungeheuer den Deutschen Buchpreis und zählt außerdem zu den renommiertesten Übersetzern aus dem Ungarischen.
Saša Stanišić liest am Donnerstag 14. November 2019, 19.30 Uhr, aus seinem meisterhaft erzählten, autobiografischen Buch Herkunft, das jüngst mit dem Deutschen Buchpreis 2019 ausgezeichnet wurde. Im ehemaligen Jugoslawien geboren, stellt Saša Stanišic auch in Herkunft, wie in all seinen Büchern die Frage nach dem „Woher“. Wo wird man geboren und wo verschlägt es einen hin. Saša Stanišić folgt in dem preisgekrönten Werk den Spuren seiner eigenen Familie und schreibt über Heimat, Sprache, Schwarzarbeit, über viele Sommer und seine demente Großmutter. Aber auch über einen Flößer, der nicht schwimmen konnte, einen Bremser, eine Marxismus-Professorin, die Marx vergessen hat, einen bosnischen Polizisten, eine Grundschule für drei Schüler, einen Yugo, einen Tito, einen Eichendorff und von all dem, was vorbei und nicht mehr zu haben ist.
In Višegrad 1978 geboren, lebt Saša Stanišić seit 1992 in Deutschland und heute in Hamburg. Sein Debüt Wie der Soldat das Grammofon repariert wurde in 31 Sprachen übersetzt, der Roman Vor dem Fest mit dem Preis der Leipziger Buchmesse 2014 ausgezeichnet.
Jan Brandt stellt sein vieldiskutiertes Buch Ein Haus auf dem Land / Eine Wohnung in der Stadt am Donnerstag, 21. November 2019, 19.30 Uhr, vor. Der autobiografische Text des 1974 geborenen Autors und Kolumnisten dreht sich um Stadt und Land, Heimat und Wohnungssuche. Das Haus der Familie von Jan Brandt in Ostfriesland steht vor dem Abriss, denn der neue Eigentümer sieht keinen Grund das Alte zu erhalten. Währenddessen verliert er in Berlin wie so viele seine Wohnung wegen einer Eigenbedarfskündigung. Im Stadtzentrum gibt es keine bezahlbaren Wohnungen, der Stadtrand ist keine Alternative und Ostfriesland, seine alte Heimat, auch nicht. Das Buch der Stunde – Reportage, Essay, Tage- und Fotobuch in einem – erzählt klug und ironisch über einen irre gewordenen Wohnungsmarkt. Jan Brandt (*1974) lebt in Berlin und schreibt für zitty und Die Zeit.
Katja Oskamp erzählt in Marzahn, mon amour – Geschichten einer Fußpflegerin am Dienstag, 26. November 2019, 19.30 Uhr, von Menschen in der größten Plattenbausiedlung der ehemaligen DDR. Die Autorin ist Mitte 40, als ihr das Leben fad wird: Das Kind ist aus dem Haus, der Mann krank, die Schriftstellerei ein Feld der Enttäuschungen. Also macht sie etwas, was für andere dem Scheitern gleichkäme: Sie wird Fußpflegerin in Berlin-Marzahn. Und schreibt auf, was sie dabei hört – Geschichten, die tief in die Geschichte der DDR reichen, wie die von Herrn Paulke, vor 40 Jahren einer der ersten Bewohner der Plattenbausiedlung, Frau Guse, die sich von der Welt entfernt, oder Herrn Pietsch, dem Partei-Funktionär. Kleine Geschichten und doch eine große Erzählung aus einem urbanen Mikrokosmos, tiefgründig, komisch und voller Menschlichkeit, Wunderwerke über den Menschen an sich – von seinen Füßen her betrachtet.
Katja Oskamp, geboren 1970 in Leipzig, lebt in Berlin, studierte u. a. am Deutschen Literaturinstitut Leipzig, war Dramaturgin und Journalistin. Sie wurde u. a. 2007 mit dem Anna–Seghers-Preis ausgezeichnet.
Nora Bossong stellt in ihrem klugen, kunstvollen Roman Schutzzone am Donnerstag, 28. November 2019, 19.30 Uhr, Fragen nach dem Verhältnis von Vertrauen und Verantwortung, Anspruch und Wirklichkeit. In poetischen Bildern erzählt sie vom Leben einer diplomatischen Mitarbeiterin der Vereinten Nationen zwischen New York, Burundi und dem Genfer UN-Büro. Dort schreibt Mira Berichte über Krisenregionen und Friedenseinsätze und vermittelt zwischen Staatsvertretern. Bei einem Empfang begegnet sie Milan wieder. Er fasziniert sie. Doch dann wird ihre Rolle bei der Aufarbeitung des Völkermords in Burundi hinterfragt. Ihre Überzeugung, sie könne von außen eingreifen, ohne selbst schuldig zu werden, bekommt Risse.
Nora Bossong, 1982 in Bremen geboren, ist eine der neugierigsten Autorinnen ihrer Generation, und lebt als Dichterin, Schriftstellerin und Essayistin in Berlin. Ihr Werk wurde 2019 mit dem Kranichsteiner Literaturpreis ausgezeichnet und stand auf der Longlist des Deutschen Buchpreises.
Ann Cotten beschließt mit Lyophilia am Montag, 2. Dezember 2019, 19.30 Uhr, die Reihe Literatur im Volkspark und führt uns mit ihrem experimentellen Erzählband in utopische Welten, die heute noch weit entfernt scheinen. Doch tatsächlich verhandelt die, in den USA geborene und heute in Berlin und Wien lebende Autorin, mit ihrem Ausblick ins 21. Jahrhundert Themen und Fragen unserer Gegenwart. Ein philosophischer Science Fiction, in dem Ann Cotten ihre Protagonisten in ein Paralleluniversum schleudert, wo jede Überlegung Realität wird. Gefriertrocknung dient als Zeitreisemedium und BewohnerInnen von bankrotten Siedlungsasteroiden versuchen mit allerlei Tricks einer Trauer zu entgehen, die eine größere Gefahr darstellt als Internetlosigkeit, kosmische Strahlung und humanitäre Instantnudeln zusammen. Es geht um Utopie und Parodie.
Ann Cottens (*1982 in Iowa) Texte werden in Literatur, Bildender Kunst und Wissenschaft gleichermaßen geschätzt und zielen darauf ab, bei ihren Lesern vor allem Assoziationsketten, Gedankenfeuerwerke und Ideenkaskaden auszulösen. Die Autorin wurde u. a. mit dem Hugo-Ball-Preis ausgezeichnet. Die Lesung wurde in Zusammenarbeit mit der Burg-Studentin Mena Standhaft konzipiert.
Auch für Kinder gibt es diesmal wieder ein besonderes Angebot: Katja Gehrmann liest aus Stadtbär am Freitag, 29. November 2019, 10 Uhr, für Kinder ab 4 Jahre. Die vielfach ausgezeichnete Hamburger Illustratorin und Kinderbuchautorin erzählt eine Geschichte über einen Bären, der sich wundert, dass der Wald eines Tages so seltsam leer ist. Die anderen Tiere sind alle in die Stadt gezogen, denn es gibt dort beheizte Höhlen, leckeres Essen und keine Jäger. Also geht er dort auch hin. Doch in der Stadt wollen die anderen Tiere ihn nicht haben, denn er bringt sie in Gefahr. Sie sind für die Menschen fast unsichtbar, aber dieser riesige, ungeschickte Kerl nicht. Die Menschen könnten Angst bekommen und die Jäger holen. Eine bebilderte Geschichte über Anpassung und Anderssein mit Witz und vielen Überraschungen.
Programmübersicht
Dienstag, 12. November 2019, 19.30 Uhr
Terézia Mora: Auf dem Seil
Moderation: Doris Sossenheimer
Donnerstag, 14. November 2019, 19.30 Uhr
Saša Stanišić: Herkunft
Einführung: Doris Sossenheimer
Donnerstag, 21. November 2019, 19.30 Uhr
Jan Brandt: Ein Haus auf dem Land / Eine Wohnung in der Stadt
Moderation: André Schinkel
Dienstag, 26. November 2019, 19.30 Uhr
Katja Oskamp: Marzahn, mon amour – Geschichten einer Fußpflegerin
Moderation: André Schinkel
Donnerstag, 28. November 2019, 19.30 Uhr
Nora Bossong: Schutzzone
Moderation: Doris Sossenheimer
Freitag, 29. November 2019, 10 Uhr
Katja Gehrmann: Stadtbär
Für Kinder ab 4 Jahre
Montag, 2. Dezember 2019, 19.30 Uhr
Ann Cotten: Lyophilia
Moderation: Mena Standhaft
Literatur im Volkspark
Veranstaltungsdauer: 12. November bis 2. Dezember 2019
Anschrift: Volkspark Halle, Schleifweg 8a, 06114 Halle (Saale)
Uhrzeiten: Beginn jeweils um 19.30 Uhr, Gastronomie mit Getränkeangebot ab 19 Uhr,
Kinderlesung um 10 Uhr
Eintritt: 5 Euro, Burg-Studierende Eintritt frei, Kinder-Lesung Eintritt frei
Reservierung: Kartenreservierungen unter ed.ellah-grub@rutaretil
Programm: Doris Sossenheimer, Detlef Stallbaum
Veranstalter: Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, Stadt Halle (Saale) und Volkspark Halle e.V.
Förderer: Bauverein Halle & Leuna e.G.