Zur Frühjahrssession tauchten Studium Digitale, SustainLab und BurgMaterial ein in die vielen Facetten von Material: Materialklänge, Materialnarration, die Verarbeitbarkeit von Material sowie die Wiederverwertbarkeit, digitale Reproduktion und Weiterverarbeitung von Material.

Zur Frühjahrssession 2023 setzten wir uns mit dem Feld zwischen analoger und digitaler Materialität auseinander. Was bedeutet Material, welche Eigenschaften und welche Materialerfahrungen sind möglich? Wir explorierten, wie haptische Materialien durch Techniken der Digitalisierung ihre Materialität verändern und was vom Material bleibt. Was macht die individuelle Materialnarration dabei aus? Ergibt sich neues Material durch Artefakte, Glitches, die Möglichkeiten oder Grenzen der neuen Darstellungsform?

Die Woche startete gemeinsam mit einer ersten Materialerfahrung, geleitet durch Lilo Viehweg. Die Teilnehmenden suchten sich spontan Gegenstände, die sie bei sich trugen oder im Goldbau fanden, und beantworteten verschiedene offene Fragen zu diesen. Bei der gegenseitigen Vorstellung stellte sich heraus, wie vielschichtig die individuelle Materiabetrachtung passierte – und wie viele Perspektiven es auf ein Material geben kann. Nach der gemeinsamen Einführung gingen die Gruppen in ihre Kurse:

Metals, Futures, Prototypes (Konrad Schoch, SustainLab)

Was passiert mit Kupfer, Nickel, Eisen, Molybdän und Co. nach ihrem Lebensende? Diese Frage war einer der Ausgangspunkte für den Workshop, den der Industriedesigner Konrad Schoch vom Wuppertal Institut für das SustainLab anbot. Metalle finden sich in fast allen Bereichen des alltäglichen und industriellen Lebens, da sie unschätzbare werkstoffliche Eigenschaften besitzen. Die zirkuläre Nutzung wird allerdings durch die globale Zerstreuung dieser Materialien – die sogenannte Metalldissipation – erheblich erschwert. Flankiert von Impulsvorträgen des Workshopleiters, analysierten die Studierenden damit verbundene intergenerationelle Herausforderungen. In vier verschiedenen Sessions entwickelten die Teilnehmenden schließlich mit Hilfe eines spezifischen Toolkits spekulative gestalterische Visionen und Prototypen.

Non Rival Good (I/O-Lab, Studium Digitale)

Im Workshop „Non Rival Good“ wurden 3D-Modelle mittels Fotogrammetrie erstellt und in einer 3D-Grafiksoftware weiterbearbeitet. Dazu besuchten die Teilnehmer_innen das Zentralmagazin der naturwissenschaftlichen Sammlung der MLU. Dort gab der Präparator Michael Stache, eine Führung durch das Geiseltalmuseum und gewährte einen kurzen Einblick in seine Arbeit mit besonderem Fokus auf die Anwendung von 3D-Scans.
Danach begann die Arbeit mit verschiedenen Präparaten des Archivs, darunter Vögel, kleinere Säugetiere, Mollusken und Insekten. Aus Datensätzen von Fotografien der Objekte wurden 3D-Modelle erstellt. Dabei wurden die Präparate entweder in der jeweiligen Raumsituation innerhalb der Sammlung erfasst oder vom räumlichen Kontext isoliert. 
Im zweiten Teil des Workshops wurden die erstellten 3D-Modelle in der Grafiksoftware Blender inszeniert. Dazu wurden die Digitalisate mit anderen Objekten in einer Szene platziert, Lichter gesetzt sowie Formen und Materialien verändert, um sukzessiv ein grundlegendes Verständnis für den virtuellen Raum zu entwickeln. Die Inszenierungen wurden final als Einzelbilder oder Videos gerendert.

Ästhetische Forschung: Wolle (lokaltextil, BurgMaterial)

Zusammen mit Eva Howitz und Lena Seik von lokaltextil und Sarah Kaiser von BurgMaterial tauchten die Teilnehmer*innen des Workshops in ihre individuelle Auseinandersetzung mit dem Werkstoff Wolle ein. Sie besuchten die Textilrestaurationswerkstatt im Landesmuseum Halle, wo sie einen prähistorischen Wollfund unter dem Mikroskop untersuchten und streichelten vom Aussterben bedrohte Karakulschafe im BUND-Umweltzentrum Franzigmark, die vor über 100 Jahren von Julius Kühn für die Fellproduktion für Persianermäntel nach Halle geholt wurden. Im Laufe der Woche experimentierten die Studierenden mit Rohwolle, entwarfen Produktideen, recherchierten Informationen zur kulturhistorischen Beziehung von Mensch und Schaf, starteten Umfragen zur emotionalen Beziehung zu Wolle, zeichneten, schrieben und fotografierten, um den Antworten auf ihre Forschungsfragen näher zu kommen. Die gesammelten Informationen und Objekte wurden abschließend in der Materialsammlung präsentiert und sind allen Interessierten in den Padlets zugänglich.

https://padlet.com/lokaltextil/researchwolleburghalle

https://padlet.com/lokaltextil/forschungsfragen-wolle-kknvsqyxopmt0cit

Materialklänge (Tonstudio, Studium Digitale)

Materialerfahrungen sind mit allen Sinnen möglich. Der Workshop des Tonstudios beschäftigte sich mit der Hörbarkeit und den Geräuschen von Materialien. Die Teilnehmer:innen experimentierten mit der Aufnahme und dem Erstellen von Samples von Sounds, die verschiedene Materialien erzeugen. Aus der Materialsammlung suchten sie sich eine Kiste mit diversen Proben aus – von PVC, über Granit, Draht, Aluminium, Glas, Schwamm und organischem Material wie Kokosnüssen stellte es einen Querschnitt durch verschiedenste Materialarten dar. Die Geräusche, die bei der Interaktion mit den Materialien entstanden – klopfen, streichen, schlagen, in Schwingung versetzen – nahmen die Kursteilnehmer:innen auf. In Ableton konnten die Audiosamples dann weiterbearbeitet, mit Effekten versehen und zu Musikstücken arrangiert werden. So entstanden Kompositionen, die von Ambient bis zu treibendere Beats rangierten. Am Ende des Kurses stand zur Debatte, ob auch wenige Samples gereicht hätten, da durch die vielfältigen Möglichkeiten der Bearbeitung in Ableton fast alle Soundeffekte imitierbar sind.

KeramikLab - Exploration zum 3D-Druck unterschiedlicher Massen (Druckwerk, Studium Digitale)

Für die Frühjahrssession wurden beide Clayprinter, die sonst auf die beiden Fachbereiche Design und Kunst verteilt sind, gemeinsam im DesignHaus genutzt. Das Anliegen des Kurses war, die Druckeigenschaften von verschiedenen Massen zu erforschen. Mehrere Teams wandten sich verschiedenen Massen zu und druckten zunächst Testexemplare einfacher Gebilde. Sobald die Mischung und die Parameter des Druckvorgangs optimiert waren, druckten die Teilnehmenden auch komplexere Modelle. Die Erkenntnisse des Kurses zu den Mischverhältnissen und den Druckereinstellungen wurden dokumentiert, sodass das Wissen über die Massen auch für neue Projekte zugänglich ist!

Abschluss der Frühjahrssession

Den gemeinsamen Abschluss fand die Session MATERIAL/DIGITAL im Symposiumstag am Freitag. Die Kurse stellten sich gegenseitig ihre Ergebnisse vor. Ergänzend gab es zwei Input Vorträge: Amelie Goldfuß sprach zur bildlichen Darstellung künstlicher Intelligenz, und Verena Zimmermann stellte ihr Projekt „Tangible Beats“ vor, einen haptisch erfahrbaren Drumcomputer.
Auch nach der Session sind Materialerfahrungen und die digitale Spiegelung und Weiterbearbeitung in den Räumlichkeiten und Angeboten von Studium Digitale, BurgMaterial und dem SustainLab möglich.