Die BURG Herbstsession wurde veranstaltet von Studium Digitale, den BurgLabs und dem Designhaus Halle. In experimentellen Formaten konnten Studierende Techniken außerhalb des Lehrplans explorieren.

Vom 25. bis zum 29.9. fand die BURG Herbstsession 2023 statt. Studium Digitale, die BurgLabs und das Designhaus Halle organisierten Kurse, einen Vortrag und eine Filmvorführung, an denen insgesamt gut 70 Studierende teilnahmen.

Klangskulptur - Tonspuren zu Keramikoberflächen

Im Workshop "Klangskulptur - Tonspuren zu Keramikoberflächen" beschäftigten sich die Teilnehmer damit, Klänge aufzunehmen und mithilfe der Software Ableton zu bearbeiten. Anschließend wurden die Sound-Daten in das Programm Rhino 3D übertragen und dort in eine Kurve umgewandelt. Diese Kurve konnte dann weiter zu einem dreidimensionalen Körper moderiert werden. Die entstandenen Formen wurden mittels des keramischen 3D-Druckverfahrens wieder in den analogen Raum zurückgeführt. Aus diesem Workflow entstanden faszinierende Auseinandersetzungen zwischen analogen Klängen, digitaler Verarbeitung und der Erschaffung einer neuen analogen Form.

Speculative Visionary, Vortrag

Dodo Vögler, Zukunftsforscherin und Geschäftsführerin der Strategie- und Innovationsagentur Ellery Studio in Berlin stellte in ihrem eineinhalbstündigen Vortrag in den Räumlichkeiten des DHH sowohl verschiedene Ansätze der Zukunftsforschung (z.B. das Konzept der Zukunftswerkstatt) vor, als auch deren praktische Anwendung in der Entwicklung gestalterischer Kommunikationsstrategien für Projekte mit dem Ziel der Wissensvermittlung, und Aufklärung. Dodo erklärte anhand von ausgewählten, spezifischen Projekten (z.B. Stadtgestaltung) aus ihrer Berufspraxis die auf Partizipation basierten Ansätze, Methoden und deren Resultate. Dem theoretischen Teil folgte im Anschluss ein praktischer: So wurden alle Teilnehmenden gebeten, sich mit der Zukunft der Stadt Halle zu beschäftigen. Beispielhaft wurde auch hier eine Methode der Zukunftsforschung ausgewählt, die einen Imaginationsraum eröffnete, welcher erlaubte, sich mit gegenwärtigen Phänomenen der Stadt und deren wünschenswerten Entwicklung auseinanderzusetzen. Somit wurde Zukunftsforschung und deren Möglichkeiten nicht nur theoretisch vorgestellt, sondern für alle Beteiligten in ihrem kreativen Potential erlebbar. Die Veranstaltung wurde sehr gut besucht und stieß auf großes Interesse.

Ausflug ans Ende

Am Dienstag brachen die Teilnehmer*innen in Begleitung des SustainLab zu einer Tagesexkursion auf: Der Ausflug ans "Ende des Lebenszyklus" führte uns an zwei Orte des Recyclings in Sachsen-Anhalt. Beim Besuch einer Flach- und Hohlglasaufbereitung in Salzatal und einer Textilsortierung und -verwertung in Bitterfeld-Wolfen konnten wir nicht nur einen Blick auf die industriellen Prozesse des Glas- und Textilrecyclings werfen, sondern auch deren Akteur*innen kennenlernen. Wie viele Tonnen "Alt"-Glas und -Textil kommen hier jeden Tag an? Wie viel davon findet erneut den Weg in eine Flasche oder ein T-Shirt? Was kann ich selbst in meinem alltäglichen Umgang mit diesen Materialien beachten? Und welche systemischen Strukturen beeinflussen die Kreislaufführung? Im persönlichen Austausch mit den Expert*innen vor Ort konnten wir all unsere Fragen loswerden und viele Antworten zurück an die BURG bringen. Herzlichen Dank an Henrike Schmitz und Erich Bast für die eindrucksvollen Werksführungen.

matters out of place - Kulturtechnik des Wegwerfens

In dem viertägigen Workshop warfen wir einen kritischen Blick auf die Kulturtechnik des Wegwerfens. Zunächst beleuchteten wir die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Zusammenhänge, die mit der Praktik des Wegwerfens einhergehen. Passend dazu wurde am Dienstagabend hochschulöffentlich der Film “matter out of place” von Nikolaus Geyrhalter gezeigt. 
Die Gestalter*innen und Künstler*innen analysierten das Lebensende mitgebrachter und ausgedienter Alltagsobjekte. Im Anschluss begaben sie sich selbst auf die Suche, um abfallende Materialströme in lokalen Kontexten aufzuspüren. Im Gestaltungsprozess wurden diese als wertvolle Ressourcen betrachtet, die es zu nutzen gilt, um komplexe Prozesse und Verstrickungen in Bezug auf Materialien und Abfälle besser zu verstehen. 
Ob eintausend fehl bedruckte Jutebeutel, verbrauchte Garbkerzen oder Faserstaub aus dem industriellen Textilrecycling Prozess –- geschmolzen, zerhäckselt, verwebt, oder gegossen erforschten die Teilnehmer*innen ihre gesammelten Materialien auf spielerische Weise. Durch verschiedene Verarbeitungsmethoden und Handwerke entwickelten sie im Anschluss neue Formen der Wertschöpfung und die Eigenschaften sowie Material Potenziale wurden anschließend in kleinen Materialproben und Objekten erfahrbar. 

"non rival good" - Workshop für Blender und 3D-Scan

Nach einer Fahrt, die in Halle erst einmal in die falsche Richtung startete und deswegen zu einer Aufholjagd nach dem vorgesehenen Zeitplan wurde, bog der Bus schlussendlich doch in die Straße ein, die zum Parkplatz vor dem blau-gelben Funktionsbau führt. Hinter der großen Asphaltfläche, auf der schon einige Autos in der Morgensonne blitzten, stand eines der ikonischen Möbelhäuser, von denen beinahe baugleiche Kopien quer über dem Globus verteilt sind.
Zweck der unvorhergesehen, kurz zur Odyssee entglittenen Exkursion war eine Besichtigung der Ausstellungsflächen hinter der Blechfassade: Es sind gut ausgeleuchtete, detailliert dekorierte Puppenstuben im Maßstab 1:1, die zeigen, wie es sich mit den Produkten wohnen ließe. Die Modellräume erzählen vom Leben in der WG, in der Singleküche oder im Familienwohnzimmer.
Beim Durchwandern der Räume und Gänge sammelten die Workshopteilnehmer_innen 3D-Scans der Räume und Gänge. Diese bildeten das digitale Ausgangsmaterial für eigene Inszenierungen, die in den folgenden Kurstagen mithilfe des 3D-Grafikprogramms Blender angefertigt wurden. Dabei entstanden bunte Bonbonlandschaften, Raumbilder ausstaffiert mit Items in scheinbar endloser Wiederholung oder chaotische Irrfahrten durch labyrinthische Gänge.

Einführung in Ableton Live für Klangkünstler*innen und Musikproduktion

Softwares zur Musikproduktion können in verschiedenster Weise künstlerisch genutzt werden. Zur Herbstsession gaben zwei Künstler*innen Einblick in ihre Arbeit mit Ableton Live und teilten ihre Kenntnisse mit den Teilnehmer*innen. 

Anna Schimkat, bildende Künstlerin mit Schwerpunkt auf Skulptur und Klang, beschäftigte den ersten Kurs mit Techniken zur Arbeit mit Klang in Ableton. Fieldrecordings waren ebenso ein Thema wie die Zuweisung verschiedener Klänge auf diverse Lautsprecher in Klanginstallationen. Die Teilnehmer*innen lernten die Grundlagen in Ableton Live in Bezug auf experimentelle Klangproduktion.
Lydia Eisenblätter, Musikproduzentin und Betreiberin eines Vinyl-Plattenlabels, gab im zweiten Kurs eine Einführung zur Musikproduktion in Ableton Live. Sie vermittelte die Erstellung eigener Samples, Aufnahme von Vocals und Instrumente, die Verwendung von Effekten und Warping von Sounds für eigene Soundstrukturen. Auch einige Tipps zum Arrangement und dem Narrativ der Musikproduktion wurden im Kurs besprochen.

Modular Wood Constructs: Building Living Ecosystems through Digital Fabrication

Der Workshop "Modular Wood Constructs: Building Living Ecosystems through Digital Fabrication" war eine Reise in die Welt des “bio-centered designs”. Nach der Erkundung der natürlich vorkommenden Mikroorganismen am Interventionsort haben wir gemeinsam eine Experimentierstation, aber auch einen Aufenthaltsbereich geschaffen, der als Schnittstelle zur Beobachtung sowie Interaktion mit Mikroorganismen dient. Dabei kamen bevorzugt natürliche Materialien zum Einsatz. Die Verwendung von parametrischem Design und digitaler Fertigung erlaubte es uns, eine modular aufgebaute Struktur zu entwickeln, die ein Gerüst für die Ansiedlung und das gezielte Bewachsen von und mit Flechten, Pilzen, Algen und Kletterpflanzen bietet.
Die Nähe zum BioLab und der Austausch mit den Experten von Studio Milz ermöglichten es, einen Raum zu schaffen, der sowohl den Ort ästhetisch aufwertet als auch auf die Bedürfnisse der lokalen (Mikro-)organismen eingeht. Durch die Integration der Bedürfnisse verschiedener Lebensformen entsteht ein lebendiges Ökosystem, das nicht nur zur gestalterisch-wissenschaftlichen Forschung dient, sondern auch als Modell für nachhaltiges Design fungieren kann. In der Frühjahrssession 2024 wird dieser Raum mit Leben gefüllt und weiter erforscht, was Potenzial für spannende Entwicklungen in der Zukunft eröffnet.

Moving Matter Laboratory

Mit dem Moving Matter Laboratory brachte Designer Basse Stittgen eine mobile Experimentierwerkstatt an die BURG: Vier Transportkisten formierten nach kurzem Umbau vier Arbeitsstationen, ausgestattet mit relevanten Tools und einer bunten Materialauswahl. Mit Mixer, Ofen und Wagenheber erkundeten die Teilnehmer*innen im zweitägigen Workshop gemeinsam die Eigenschaften und Verarbeitungsmöglichkeiten biobasierter Reststoffe. Mit den Erfahrungswerten und Einblicken in seine eigene gestalterische Praxis leitete Basse Stittgen die praktische Recherche an. Mitgebrachte und gesammelte Naturstoffe dienten für formgebende Experimente, aber auch zur Pigmentgewinnung und Duftextraktion. So entstand Sample für Sample eine Reihe an Materialproben, die vor allem die bindende Wirkung verschiedener natürlicher Polymere unter Druck- und Hitzeeinfluss präsentiert. 

Objekte erzählen - Fotografie und Set Design

Künstlerische Arbeiten können durch ihre Inszenierung eine weitere Narrativebene erhalten. Genau das erprobten die Teilnehmer*innen des Kurses “Objekte erzählen” von Studio Likeness. Magdalena Lepka und Julia Classen, beide erfahrene Fotografinnen aus Magazin-Shoots, Werbung und freier künstlerischer Arbeit, zeigten die fotografischen und szenischen Möglichkeiten zur Inszenierung eines Narrativs um eine künstlerische Arbeit auf.
Die Teilnehmer*innen entwickelten ein Narrativ zu ihrem Objekt, welches sie bildlich erzählen wollen. Vom Brot als Backstein, über mit Luftballons ausgestopfte Kinderstrickpullover, zu lecker-pastelligen Ohrringen, die sich mit Brause-UFOs vermengen, inszenierten sie ihr Objekt mit visuellem Storytelling. Am Ende des Workshops gingen die Studierenden mit einer Bilderreihe ihrer Arbeit nach Hause.