Geboren in Halle an der Saale 1984
Gestorben in Le Vernet, Frankreich, 2015
Ein Nachruf auf Juliane Noack
1984–2015
Geboren 1984 in Halle, begann Juliane Noack ihr Studium in der Schmuckklasse bei Prof. Daniel Kruger an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle im Jahr 2004. Sie schloss ihr Studium 2012 ab und erhielt dann den internationalen Graduierten-Preis der Galerie Marzee. Im darauffolgenden Jahr zog sie nach Leipzig und richtete dort ihr Atelier ein.
Neben ihrer Schmuckkunst umspannten Julianes Interessen Musik, experimentelle Mode und Design sowie figürliche Skulptur. Als exzellente Zeichnerin hatte Juliane die ungewöhnliche Gabe, Fähigkeiten aller Art zu zu verstehen und umzusetzen. Sie konnte ausführen, was immer sie wollte und sparte dabei niemals an Zeit oder nötiger Mühe. Die gleiche intensive Energie, die sie für ihre künstlerischen Unternehmungen aufbrachte, wandte sie auf das Leben im Allgemeinen an. Ihr Motto war: „Los, wir machen das jetzt“.
Juliane war die treibende Kraft hinter einer Reihe von Kunstprojekten im öffentlichen Raum. Diese versuchten den Kontext der Kunst zu erweitern oder neu zu definieren und mit Menschen in einen Dialog zu treten. Sie war Mitgründerin des „herr fleischer e.V.“, eines Kunst- und Projektraumes in einem aufgegebenen Zeitungskiosk in Halle. Dort schnitt sie beispielsweise Haare auf dem Bürgersteig vor dem Kiosk unter dem Motto „Hair Fleischer“.
In diesem Lichte sollten ihre Arbeiten gesehen werden; sie war jemand, der Interaktion suchte und provozierte – zwischen sich und Anderen oder zwischen Menschen im Allgemeinen, eine Aktion oder ein Instrument benutzend um eine Reaktion zu erreichen.
In einer Serie von Studienarbeiten (Flash Gordon, Hank, 2010) gestaltete sie menschliche Torsi in Form von in Silber getriebenen Unterhemden. Diese Hemden tragen die Konturen der Körper die diese (nicht) enthalten und erinnern so an den „Unsichtbaren Mann“. Die Art der Kleidung und die implementierte Körperhaltung legen Charaktertypen oder Persönlichkeiten nahe, ohne sich direkt auf eine Person zu beziehen. Das ist ein Thema, das Juliane verfolgte und das sie auf verschiedene Weise variierte. Sie fertigte eine Serie von sorgfältig ziselierten kupfernen Tierringen mit den Köpfen eines Wildschweines (2010), einer Bulldogge (2009) und eines Raben (2011). Jeder dieser Köpfe sitzt auf dem Finger des Trägers wie ein offizielles Würdezeichen.
Das Tier ist hier eine Metapher, deren Eigenschaften der Träger herausgreift und mit sich in Verbindung bringt. Als Symbole implizieren sie weder eine Bedrohung für Andere noch eine Aufwertung des Trägers. Stattdessen umfassen sie sowohl positive als auch negative Aspekte, die die Person mit sich verbindet; gleichermaßen ablenkend, als auch den Träger entlarvend.
Das führte weiter zu realistischen und expressiven Stücken, die in Wachs modelliert und dann in Aluminium gegossen wurden. Eine fast lebensgroße Katze, die als Armreif wie ein Haustier, wie ein Begleiter getragen werden konnte, entstand 2012. Tiere, wie der Hasenring werden Symbol und deuten die Persönlichkeit des Trägers an; oder der große Hummer, der wie manche Haustiere auf der Schulter drapiert ist und den Träger bei seinen täglichen Aufgaben begleitet.
Gesehen aus dem Blickwinkel ihrer Aktivitäten in öffentlichen Räumen und ihren Äußerungen über ihre Absichten, bemerkt man, dass ihr Anliegen in der Kommunikation liegt und dass ihre Arbeiten dazu einladen, ja zur Interaktion mit dem getragenen Stück ermutigen, Indiskretionen und persönliche Bemerkungen vermeiden und so einen Dialog ermöglichen, der das Kunstwerk zum Gegenstand hat und nicht den Träger.
Eine der letzten Arbeiten Juliane Noacks war eine Gruppe von vierundzwanzig Tiermasken, die aus Kupferblechen identischer Größe (16x16cm) gefaltet wurden und zusammen eine Wandinstallation bilden. Es sind schematische Darstellungen von Tiergesichtern. Das Objekt wurde vom Träger losgelöst und wurde so zu einer Charakterstudie die unvoreingenommen zu betrachten ist. Aus identischen Quadraten tauchen verschiedene Physiognomien auf.
Einige davon sind einfach zu identifizieren, andere sind rätselhafte abstrakte Formen. Kupfer ist ein warmes und leitfähiges Material, das mit der Zeit mit der Atmosphäre reagiert. Das, was zusammen mit dem Prozess des Faltens den Stücken ihre Form und ihre Persönlichkeiten gibt, verweist auf das „Ins-Leben-kommen”, auf das Schicksal, die Evolution und die Fülle der Menschheit.
Wo diese Reise Juliane und all die Menschen, die ihr nahe waren und die von ihr inspiriert wurden, hingeführt hätte, werden wir nicht mehr erfahren. Juliane Noack starb tragisch bei dem Flugzeugunglück am 24. März 2015. Sie war 30 Jahre alt.
Ihre Arbeiten wurden in einer Reihe von nationalen und internationalen Gruppenausstellungen, sowie auf zwei Einzelausstellungen in Halle gezeigt.
Sie ist in den öffentlichen Sammlungen des CODA Museums Apeldoorn (Niederlande) repräsentiert. Eine geplante Ausstellung ihrer Arbeiten bei der Galerie Eitnerin Berlin wird nun zu einem späteren Zeitpunkt als Retrospektive stattfinden.
Ab dem 24. Juli diesen Jahres wird es im Bayrischen Kunstgewerbeverein München eine Sonderausstellung der „Portrait”-Reihe zu ihr und ihrer Arbeit geben, die in Verbindung mit der Gruppenausstellung „Wo alles anfängt” steht – eine Rückschau auf Arbeiten von Studenten, Alumni und Lehrenden, die der Schmuckklasse Prof. Daniel Krugers an der Burg Giebichenstein in Halle verbunden sind.
Prof. Daniel Kruger
Prof. Daniel Kruger, Professor der Schmuckklasse der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle hat den Nachruf auf Juliane Noack geschrieben. Er wurde in der englischsprachigen Version zuerst im Art Jewelry Forum veröffentlicht:
www.artjewelryforum.org/articles-series/in-memory-of-juliane-noack
galerie-eitner.com/kuenstler/juliane-noack/
Juliane mit "Herz"; Anhänger "Vucks" 2014, Kupfer; Ring "Hase" 2014, Aluminium; Maske, eine von 24 Teilen, 2014, Kupfer; Armschmuck "Kater" 2012, Aluminium; Anhänger "Pferd"2012, Aluminium; "Flash Gordon" 2011, Silber; "Hank" 2011, Silber; Ring "Eber" 2010; Ring "Bull Dog" 2009, Kupfer, Blattgold.