Die Vorlesung untersucht eine Reihe von Verratskomplexen des 20. und 21. Jahrhunderts, von den stalinistischen Säuberungen der 1930er Jahre über die Kollaboration im besetzten Frankreich bis zu den seit 2001 zu beobachtenden Formen einer Wiederkehr des Verrat, sowohl als Tragödie (War on Terror, Whistleblowing, Ukraine-Krieg), als auch als Farce (die rechtspopulistische Rede vom "Volksverrat").
Dabei geht es sich nicht allein um eine politikgeschichtliche Rekonstruktion. Verrat soll vielmehr "symptomatisch" gelesen werden, als ein Indiz oder diagnostisches Kriterium, an dem sich ein bestimmter Stand der Dinge ablesen lässt: eine Auskunft darüber, welche Kräfte der Kohäsion und der Auflösung in einer gegebenen historischen Konstellation miteinander im Streit liegen und welche Vorstellungen von Macht, Subjektivität und Wahrheit sich jeweils daraus ergeben.

 

Termine und Themen:

(1) 6. April 2023

Intro: Das Zerreißen eines Bandes. Gründe, über Verrat nachzudenken

(2) 13. April 2023

Schauspiel des Verrats: Die Moskauer Prozesse 1936-38

(3) 27. April 2023

Wahnsinn und Methode. Die Maschinerie des Großen Terrors (UdSSR 1937-38)

(4) 4. Mai 2023

Unter Druck: Subjektivität in Zeiten des Verdachts

(5) 25. Mai 2023

Partei und Eigensinn. Wege und Umwege der ideologischen Konversion

(6) 8. Juni 2023

Schwarz-Weiß oder Farbe? Kollaboration und Alltag (Frankreich 1940-1944)

(7) 15. Juni 2023

Die Faszinierten. Französische Literaten im Bann des Faschismus (Frankreich 1933-1944)

(8) 29. Juni 2023

Zwischenbilanz: Der Weg des Verrats. Kräfte des Übergangs

(9) 6. Juli

Verrat nach seinem Ende. Figuren der Wiederkehr (seit 2001)

 

Klausurtermin: 13. Juli, 18:15 h