Interesse entsteht vor allem dann, wenn uns die Welt etwas verspricht. Wir haben den Eindruck, neue Erfahrungen und Einsichten gewinnen zu können. Für Paul Silvia (2008) liegt hierin eine lebensnotwendige Tendenz: Verharren Lebewesen nicht im Bekannten, sondern streben danach Unbekanntes zu erkunden, dann explorieren und erforschen sie ihre Umwelt aus eigenem Antrieb und bauen so mit der Zeit ein breites Spektrum an Wissen und Fähigkeiten auf. Interesse wird hier als Emotion verstanden; sie begleitet intrinsische Motivation. Diese nährt sich aus der Tätigkeit selbst. Wir reagieren nicht nur auf Reize, sondern agieren proaktiv – wie im freien Spiel. Demgegenüber sind Tätigkeiten extrinsisch motiviert, wenn sie auf ein von außen vorgegebenes Ziel ausgerichtet sind. Belohnung und Bewertung können intrinsische Motivation manchmal hemmen, sofern die einst befriedigende Tätigkeit als Mittel zum Zweck wahrgenommen wird.

In dieser Kompaktwoche beschäftigen wir uns mit der Frage, was uns antreibt und was uns bremst. Wir beziehen uns dabei auf die Selbstbestimmungstheorie der Motivation (Ryan & Deci, 2000), die annimmt, Menschen seien stärker intrinsisch motiviert, wenn ihre Bedürfnisse nach Kompetenz, Autonomie und sozialer Eingebundenheit angesprochen werden. Dabei können wir intrinsische Motivation nicht verursachen, eher katalysieren. Gestaltungsrezepte wären daher vermessen. Stattdessen erkunden Studierende im Laufe der Woche die motivationale Wirkung selbst gewählter Gestaltungskontexte auf der Basis theoretischer Annahmen: Wie wirken sich Struktur, Wahlfreiheit, Aha-Erlebnisse, Bedeutsamkeit und soziale Interaktionsmöglichkeiten aus? Welche Rolle spielen Unsicherheit und Mehrdeutigkeit? Wann entsteht ein Flow, wie fühlt er sich an? Welche Risiken birgt ein Eingriff in Lernprozesse durch Belohnung oder Narrationselemente, wann stören wir das freie Spiel und an welcher Stelle wird Gamification zur bedenklichen Verhaltensmanipulation?

Eine regelmäßige Teilnahme wird vorausgesetzt.

 

Literaturempfehlung

Csíkszentmihályi, M., Abuhamdeh, S. & Nakamura J. (2014). Flow and the Foundations of Positive Psychology. Dordrecht: Springer.

Csíkszentmihályi, M. & Robinson, R. (1990). The Art of Seeing. Malibu, CA: J. Paul Getty Museum and the Getty Center for Education in the Arts.

Ryan, R. M. & Deci, E. L. (2000). Self-determination theory and the facilitation of intrinsic motivation, social development, and well-being. American Psychologist, 55(1), 68–78.

Ryan, R. M., Rigby, C. S. & Przybylski, A. (2006). The motivational pull of video games: A self-determination theory approach. Motivation and Emotion, 30(4), 347–363.

Sailer, M. (2016). Die Wirkung von Gamification auf Motivation und Leistung. Wiesbaden: Springer.

Silvia, P. J. (2008). Interest: The Curious Emotion. Current Directions in Psychological Science, 17(1), 57–60.