„Gestalt“, „Form“, „Funktion“ gelten als Grundbegriffe des Designs, deren Bedeutungsgehalt sich nur mit Blick auf den jeweiligen historischen Kontext bestimmen lässt. Wie jede andere Theorie, ist auch die Wissenschaft vom Design nicht zeitlos und ihre Begriffe entstehen in bestimmten historischen Konstellationen – sie haben eine Geschichte. Begreift man Design als Wissenskultur, stellt sich zudem die Frage nach den historisch-epistemologischen Voraussetzungen des Designs: Unter welchen Bedingungen findet die Wissensgenerierung im Design statt? Dabei ist gerade in den Designwissenschaften die Begriffs- und Theoriebildung in besonderem Maße mit der Sozialgeschichte, der Stil- und Kunstgeschichte sowie der Wirtschafts- und Technikgeschichte verbunden. Das liegt zum einen daran, dass es vor allem Praktiker*innen waren und immer noch sind, die ihr eigenes Tun und Wirken theoretisch reflektierten. Zum anderen bringt Design Objekte hervor, die eng mit der Alltagsgeschichte verwoben sind und sich in besonderem Maße dem Leben der Menschen aufprägen. Im Unterschied zu anderen Wissenschaften, kommt es in der Designwissenschaft daher vor allem durch größere gesellschaftliche Veränderungen zu Paradigmenwechsel. Aufgrund dieser engen Verknüpfung von Design und Alltagswelt, lässt sich die Theoretisierung des Designs nur vor dem Hintergrund der historischen Dynamiken verstehen, in denen Theorien und Begriffe formuliert und benutzt werden. Dabei ist zu beobachten, dass Theorien des Designs insbesondere in Zeiten politischer, gesellschaftlicher, ökonomischer und technologischer Umbrüche in Frage gestellt werden: Theorien des Designs müssen sich immer neuen Realitäten stellen.
Im Seminar widmen wir uns diesem dynamischen Zusammenhängen von Design | Theorie | Geschichte mit dem Ziel der Reflektion der Ideengeschichte einschlägiger Grundbegriffe. Anhand ausgewählter Texte werden Theorien des Designs in ihrem historischen Kontext in den Blick genommen, um Brüche und Kontinuitäten des modernen Designverständnisses nachzuzeichnen. Beispielhafte Stationen dieser Zeitreise durch die Designtheoriegeschichte sind die Begriffsgeschichte des Disegno, der Ornamentstreit, die Formalismusdebatte sowie in jüngster Zeit die Herausforderungen des Anthropozäns.
Die Veranstaltung ist eine Gemeinschaftsproduktion von Designtheorie (Prof. Pablo Abend) und Design- und Architekturgeschichte (Prof. Veronica Biermann)