Ein Fauxpas ist ein Verstoß gegen die geltenden Regeln oder Konventionen, der oft als peinlich oder unangenehm angesehen wird. Kann er uns auch dazu anregen, neue Wege zu finden, um unsere gestalterischen Herausforderungen zu lösen?

1981, als Reaktion darauf, dass zu den Expertenhearings zur Internationalen Bauausstellung 87 in West-Berlin keine Frauen als Expertinnen geladen wurden, störten frauenbewegte Architektinnen und Sozialplanerinnen die Veranstaltung mit Vorträgen zu frauenpolitischer Stadtplanung und besetzten die Sitzplätze der männlichen Experten. Später bezeichneten sie ihren „Einbruch in die Männerwelt des Bauens“ (FOPA 1986, o.S.) als Fauxpas und gründeten in Anlehnung an das Wort die erste Feministische Organisation von Planerinnen und Architektinnen – kurz FOPA.

Der Fauxpas steht hier also für mehr als den Fehltritt – er steht für eine kritische und konfliktreiche Neuverhandlung von Konventionen und das unbequeme Einmischen und Eindringen der Frauenbewegung in die Institutionen. Programmatisch verfolgten die Architektinnen und Stadt- und Sozialplanerinnen neben partizipativen Designstrategien (Betroffenenplanungen), Kritik an der Lehre in der Hochschule und kollektive Autor*innenschaft (damit auch die Entmystifizierung der Rolle des Designer*innen-Genies) auch ein neues Verhältnis zur Umwelt und Natur.

In diesem Seminar betrachten wir die Proteste, Stimmen und Texte aus Architektur, Design oder Stadt- und Sozialplanung innerhalb der Frauenbewegung der späten 1970er und frühen 1980er Jahren. Ihre Positionen werden bisher wenig in der Architektur- und Designgeschichte rezipiert, sodass heute Konzepte wie Stadtökologie oder die Stadt der kurzen Wege heute kaum als eine feministische Errungenschaft angesehen werden.

Im Zentrum der Kompaktwoche steht die Frage, wie wir dieses Wissen für heutige Gestaltungspraxen reaktivieren können. Welche Kontinuitäten können wir zu heutigen Design-/Architekturdiskursen freilegen? Kann der Fauxpas zu einer politischen Gestaltungspraxis verhelfen? Dafür befragen wir neben Texten auch Archivalien und halten unsere Erkenntnisse in einem kleinen Reader fest.

Für den Besuch feministischer Architekturprojekte und des feministischen Archivs FFBIZ ist eine eintägige Exkursion nach Berlin geplant (am 08.05.2024).