„Was einem die Revolution so richtig vermiesen kann ist die Frage, wer am Montag danach den Müll abholt." (engl. Original: “The sourball of every revolution: after the revolution, who’s going to pick up the garbage on Monday morning.”).
Dieser Satz entstammt dem 1969 verfassten „Manifesto for Maintenance Art“ der Künstlerin Mierle Laderman Ukeles. Ukeles begründet darin die ungewöhnliche Stoßrichtung ihrer künstlerischen Arbeit, in der sie ihre alltäglichen Besorgungen und Verrichtungen, ihre „Maintenance“, kurzerhand zu ihrem Werk erklärt. Ihr Manifest ist damit nicht zuletzt als ein Versuch zu werten, den traditionellen Werkbegriff der Kunst vom Kopf auf die Füße zu stellen.
Im Seminar wollen wir zunächst den Blick auf die Form des Manifest selbst lenken: Als öffentliche Artikulation von künstlerischen Positionen, politischen Anliegen, programmatischen Aufrufen oder utopischen/dystopischen Zukunftsvisionen zählt das Textgenre zu den zentralen Ausdruckformen literarischer, künstlerischer oder politischer Bekanntgaben vor allem des 19. und 20. Jahrhunderts. Sperrt sich der Begriff in der Gesamtschau auch gegen eine genaue Definition oder präzise Zuordnung von Form- und Stil-Kriterien, so ist die facettenreiche Gattung dennoch durch die Notwendigkeit geeint, Öffentlichkeit zu erlangen, sei es zum Zeitpunkt der Veröffentlichung selbst oder in der Retrospektive. Darüber hinaus operiert jedes Manifest an der Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis. Wie Janet Lyon es ausdrückte, sind Manifeste „a genre that gives the appearance of being at once both word and deed, both threat and incipient action." (Janet Lyon (1999): Manifestoes: Provocations of the Modern, S.14)
Im Kontext der Kunstwissenschaft ist die Geschichte der Manifeste vor allem über die Avantgarde-Kunst erzählt worden, die Futuristen, Dadaisten usw. In der Design- und Architekturgeschichte treffen wir zudem auf die bekannten Namen Walter Gropius, Ken Garland oder Bruno Latour.
Wir werden uns im Kompaktseminar nach einem kurzen Streifzug und Einordnung dieser gängigen Forschungsgeschichte selbst auf Entdeckungsreise begeben und nach den weniger bekannten Manifesten Ausschau halten. Entsprechend Donna Haraways Definition der „gestalteten Visionen“ wollen wir uns dabei nicht nur auf die schriftliche Gestalt des Manifests beschränken. Zentral wird uns auch die Frage begleiten welche Denkanstöße, radikalen Ideen und Utopien feministische Autor*innen mit ihren Manifesten beigetragen haben. Am Ende sollen all unsere Fundstücke gemeinsam neu zusammengestellt werden.
Um der Idee eines partizipatorischen Seminars nachzukommen, sind alle Teilnehmer*innen zu Beginn des Blockseminars aufgefordert ein von Ihnen ausgewähltes Manifest als Beispiel mitzubringen und kurz vorzustellen.