Installatives Arbeiten im Außenraum

18. Mai 2022. Ich gehe die Burgstraße entlang und staune nicht schlecht, wie sich die Tramhaltestelle „Am Volkspark“ verändert hat: Das Wartehäuschen hat Vorhänge bekommen, sie geben den Blick frei in einen wohnzimmerartigen Raum, der sich mit Teppich, roten Sitzkissen, Lampe und Topfpflanze in einen absurden Privatraum verwandelt hat.

Ich wechsele die Straßenseite und schaue mir die Inszenierung genauer an. Ein paar Leute warten auf die Tram, ein Kind mit Eis schaut sich alles an und sagt zu seiner Mutter „Guck mal, Mama“.

Ich schmunzle in mich hinein und hege einen Verdacht.

 

Fünf Tage später am Moritzburgring, es Mittagszeit und heiß. Ein junger Mann in schwarzer Jacke kauert auf der Verkehrsinsel zwischen Fahrbahn und Straßenbahnschienen, neben ihm ein Verkehrsschild, das offenbar von einem Auto umgefahren wurde und nun samt seinem Betonfundament auf dem Pflaster liegt. Ist er ok oder braucht er Hilfe? Der junge Mann macht sich sitzend irgendwie am Erdloch und am Kleinpflaster zu schaffen.

Niemand beachtet ihn. Ein paar Einsatzfahrzeuge fahren mit Blaulicht an ihm vorbei, Straßenbahnen, Autos. Ich will gerade zu ihm gehen, als ich ihn an seiner Jacke von hinten erkenne.

 

Ich beschließe, ihn nicht bei der Arbeit zu stören, mache ein paar Fotos und freue mich auf das nächste Treffen im Seminar.

 

Prof. Rolf Wicker