Diplompräsentation von Carolin Breme / Kunstpädagogik / Klasse Prof. Stella Geppert / 29. Oktober 2019 / 10 Uhr / Weißes Haus, Halle

In den Installationen, die im Rahmen meines Diplomjahres entstanden sind, vereint sich meine Auseinandersetzung mit der Problematik des Klimawandels mit dem persönlichen Erleben des Todes der eigenen Mutter. Die Arbeiten suchen nach der Rückgewinnung eines emphatischen Verhältnisses zur Natur, dessen Verlust sich mitunter hinter der Umweltproblematik zu befinden scheint. Und sie Suchen nach einem Umgang mit dem Tod, nach einem Trost.

Auf drei schwarz-weiß Fotografien scheint man die vermeintlich, konkav-konvexen  Formen einer Berggletscherlandschaft zu erkennen, jedoch dienten als Modell drei einfache Taschentücher, die sich vor dem Foto- Triptychon eingeschmolzen in jeweils einem gesockelten Eisklotz wiederfinden lassen. Taschentücher, welche einst durch den Verlust der Schluckfähigkeit durch die Erkrankung der Mutter herhielten, deren Saugfähigkeit nun vergebens versucht dem Schmelzen des Eises standzuhalten. Auf der Wiese vor dem Foyer der ehemaligen Bibliothek der Burg ist ein Spiegel platziert, welcher das Sonnenlicht, vielleicht das Auge der Verstorbenen einfängt und in den Ausstellungsraum auf die Eisquader umleitet. In ihnen bricht sich das Licht und sie fangen an zu leuchten.

Das Herzstück der Installationen bildet ein Treibhaus, gebaut auf einem alten DDR- Fahrradanhänger. Wie aus einer Kinderzeichnung entsprungen tut sich im Inneren des „lieben Hauses auf Rädern" jedoch eine Wunde auf: ein Nachbau der Braunkohle- Abbaugrube Hambach. 100 Stecklinge wurden aus dem durch den umweltschädlichen Braunkohleabbau  bedrohten und über die Jahre zu einem Bild des Umweltschutzes gewordenen  Wald gewonnen und auf einer Radtour vom Halle/Leipziger Flughafen zu dem ebenfalls vom Braunkohle- Abbau vom Abriss bedrohten Dorf Pödelwitz ausgepflanzt. Immer wenn ein Steckling in die Erde gesetzt wurde, wurde eine Bodenprobe entnommen. So konnte aus dem breiten Erdfarb-Spektrum das Abbaugebiet Hambach in Miniaturform nachempfunden werden.  Auf japanischem Papier gezeichnet lassen sich auf der Wand hinter dem Treibhaus 100 gepflanzte Mischwald-Stecklinge erkennen.

Während die Eisberge schmelzen und der Meeresspiegel steigt, wird reines Trinkwasser zu einem zunehmend raren Gut. Darauf spielt ein Kläranlagenmodel an. Im inneren eines auf einem Stahlsockel platzierten Aquariums befindet sich ein Cocktail aus Wasserproben, entnommen aus durch die Hitze der Sommermonate gekippten Gewässern der Umgebung. Auf der Oberfläche schwimmen Seerosenblätter, welchen eine wasserreinigende Eigenschaft nachgesagt wird. Diese können als ein romantisches Zitat erlebt werden, welches allerdings eine technisch- bioamorphe Transformation erfährt: das Rot der kabelartigen Pflanzenstiele wiederholt sich in den an der Unterseite des Aquariums aufgereihten und wie von einem Tierbauch herabhängenden künstlichen Melkzitzen, durch die das „gereinigte“ Wasser gemolken werden kann.
 
Auf einem Sockel aus Kohle steht eine Flasche Hustensaft, hergestellt aus der Heilpflanze Huflattich. Der Nährstoffbedarf von Huflattich ist so bescheiden, dass dieser selbst auf reiner Braunkohle wächst und somit auch für Wiederbegrünungsmaßnahmen von Kohleabbaugebieten eingesetzt werden könnte. Der Abbau und Einsatz von Braunkohle verursacht Gesundheitsschäden der Atemwege, Huflattich dient der Linderung eben dieser Beschwerden.

In einem Interview mit einer ehemaligen Kohleheizerin aus Kasachstan, die ich noch aus meiner Kindheit kenne, bekommen die Arbeiten und die Bilder eine Stimme, welche der eher kühl-formalen Erscheinungsform der Installationen eine warme Farbe verleiht.