Textile Blicke auf die Stadt Halle
Textildesign ab 3. Studienjahr / Master - SoSe 2018

Seit einiger Zeit leben mehr Menschen in Städten als auf dem Land, in 30 Jahren werden es sogar zwei Drittel sein. Die Urbanität nimmt zu, Städte verdichten sich, jedes Fleckchen Grün wird zugebaut. Halle ist nach der Wende zunächst geschrumpft, wächst aber auch seit ein paar Jahren wieder. Halle ist eine Stadt mit viel Geschichte, viel Wandel, viel Widersprüchen. Darauf wurde mit textilem Material reagiert - aber nicht auf das Typische der Stadt mit Marktplatz, Paulusviertel und Plattenbauten, sondern auf die beiläufigen Orte, die Ränder von Stadt und Land, neue Industriegebiete, Brachen, Vororte, oder auch Teile der Altstadt, die sich immer weiter verändern. Es ging eher um die unscheinbaren Ecken als die auffälligen Gebäude. Denn jeder noch so belanglose Ort bietet markante Elemente, wenn man sie wahrnimmt, wenn man sich auf sie einlässt. Im Projekt ging es deshalb nicht um die Architektur eines Hauses, die Gestaltung des Platzes oder die Dekoration eines Parks, sondern um die ganz eigene Atmosphäre, die vom „Unort“ ausgestrahlt wird und die es wahrzunehmen galt. Das warf Fragen auf wie zum Beispiel: Was fällt mir als erstes auf? Was erst nach einiger Zeit? Welche Farbigkeit herrscht vor? Gibt es Passanten? Wenn ja, warum? Wie riecht es? Was wiederholt sich? Spürt man Geschichte? Sieht man Wandel? Usw.

Als Einstieg diente eine Klärung des Begriffes der Wahrnehmung, speziell der Wahrnehmung von Atmosphäre. Über Referate soll Wahrnehmung von Atmosphäre in verschiedenen Aspekten - philosophisch, sinnlich, psychologisch, semantisch, biologisch – wurde diskutiert. Angelehnt an die „Spaziergangswissenschaft“ von Lucius Burckhardt haben wir in der ersten Kompaktwoche gemeinsam die Wahrnehmungsformen in Aktion praktiziert. Aus den vielfältigen eignen und gemeinsamen Untersuchungen des gewählten Ortes wurde ein großformatiges textiles Objekt für diesen entworfen - etwas, das auf ihn reagierte, mit ihm verschmolz oder sich ihm entgegensetzte. Das waren Installationen mit Stoff, ebenso wie textile Körper, eine Performance und andere Aktionen. Wesentlich ist, dass nicht das Objekt den Ort bestimmt, sondern die Atmosphäre des Ortes den Stoff. Ablauf