Erst im 20. Jahrhundert fanden Frauen den gleichberechtigten Zugang an Kunstakademien und Kunsthochschulen. In Zeiten historischer Katastrophen und existentieller Krisen wurden gerade die Künstlerinnen in alte Muster und Rollen zurückgedrängt.

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Viele von ihnen sind zu Unrecht unbekannt geblieben oder inzwischen wieder vergessen. Dieses Schicksal traf auch Gertraud Herzger von Harlessem, die in diesem Jahr 100 Jahre alt würde.

Die in Bremen geborene Gertraud Herzger von Harlessem erhielt ihre Ausbildung ab 1929 an der Johannes-Itten-Schule in Berlin und von 1930 bis 1932 in der Malklasse von Erwin Hahs an der Kunstschule Burg Giebichenstein in Halle. Hier lernte auch sie ihren späteren Mann, den ehemaligen Bauhausschüler Walter Herzger kennen. Damals ahnte sie noch nicht, dass er es sein würde, der ihre künstlerischen Ambitionen einmal einengen würde. Doch in Halle erlebte Gertraud von Harlessem ihre produktivste Zeit. 1933 ging sie nach Dresden, 1936 fand sie eine Anstellung bei der Bremer Werkschau und lebte 1938/39 mit Walter Herzger in Süditalien. Nach dem Kriegsausbruch nahm sie mit ihrer kleinen Tochter Zuflucht am Bodensee, wohin ihr 1946 ihr Herzger folgte. Sie gab dem Konkurrenzdenken ihres Mannes nach, sicherte den Lebensunterhalt der Familie und schuf ihrem Mann Freiraum für seine künstlerische Arbeit. Sie starb 1989 in Gaienhofen.

Gertraud Herzger von Harlessems Themenschwerpunkte sind der Mensch, Städtebilder, Landschafts- und Reiseeindrücke. Im Alter hielt sie ihre unmittelbare Umgebung in ihren Arbeiten fest. Die Einflüsse ihres Lehrers Itten sind in den frühen Holzschnitten mit ihrer bestechenden kompositorischen Klarheit spürbar.

Ganz auf den Kontrast von Schwarz und Weiß ausgerichtet, fehlen die malerischen Zwischentöne. Unter Erwin Hahs fand sie zu ihrem eigenen Stil. Im Bedürfnis nach freier unreglementierter Gestaltung gelang es ihr schon bald, formale Strenge und malerische Auflösung miteinander zu verbinden. Ihren Bildern ist häufig ein weicher, fließender Duktus eigen, sie wirken sensibel, träumerisch, zum Teil auch etwas melancholisch.

Verfasser:
Dr. Angela Dolgner

ISBN: 978-3-86019-067-8

Format:
112 Seiten; 51 Farb- und zahlreiche Schwarzweißabbildungen
21,5 x 22 cm; Hartcover

Preis:
16,00 Euro

Herausgeber:
Herausgegeben vom Freundes- und Förderkreis der Burg Giebichenstein – Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle e. V. in Zusammenarbeit mit dem Paula-Modersohn-Becker-Museum, Bremen und dem Hermann-Hesse-Höri-Museum Gaienhofen

Erscheinungsjahr: 2008