Philosophie
Für Künstler*innen kann es sehr verschiedene Gründe geben, sich mit Philosophie zu beschäftigen, von der emphatischen Suche nach ›Sinn‹ bis zu dem prosaischen Versuch, die eigene Arbeit mit ›Bildung‹ oder ›Theorie‹ anzureichern. Der beste aller Gründe ist aber wahrscheinlich dieser:
Wie bei der Kunst handelt es sich bei der Philosophie um eine Bewegung des Anderswerdens, eine Aktivität, die darauf zielt, den vertrauten Rahmen des Denkens und Wahrnehmens zu verlassen und zu anderen, neuen Sicht- und Denkweisen zu gelangen. Philosophie tut dies auf dem Weg des Nachdenkens, der Reflexion, der kritischen Untersuchung. Sie nimmt Abstand von der gewohnten Welt, den liebgewonnenen Überzeugungen und überkommenen Wahrheiten und konfrontiert sie immer wieder mit der grundsätzlichsten aller Fragen: ›Warum?‹
Es ist diese Hartnäckigkeit des Fragens, die Philosophie ausmacht und lebendig hält, nicht so sehr die Antworten, die sie im Lauf ihrer Geschichte gegeben hat. Philosophieunterricht an einer Kunsthochschule hat den großen Vorteil, dass er sich ganz auf die Seite des Fragenstellens konzentrieren kann: Philosophie bezeichnet hier keinen Bestand von Dogmen, Systemen und Argumentationsweisen, sondern eine Technik, sich von der gegebenen Wirklichkeit zu entfernen und andere mögliche Welten denkbar werden zu lassen.
Wie der Ausdruck ›Technik‹ andeutet, ist das Philosophieren keine ganz spontane Angelegenheit. Den Alltagsverstand zu verlassen ist nicht einfach, und einen neuen Gedanken in Worte zu fassen noch weniger. Philosophische Texte sind daher oft ›schwierig‹, bis an die Grenzen der Verständlichkeit. Doch dies sollte nicht davon abhalten, sich mit ihnen zu beschäftigen, ähnlich wie mit Kunstwerken, die ja auch nicht immer unmittelbar verständlich sind. Entscheidend ist eher die Frage des Zugangs: Wenn uns das Problem interessiert, an dem ein Text sich abarbeitet, dann lohnt sich das Kopfzerbrechen; wenn nicht, dann können wir uns die Lektüre auch schenken. Im Philosophieunterricht an der BURG geht es daher vor allem darum, solche Ansatzpunkte des Interesses zu finden, Moment der Theorie-Faszination, die es uns erlauben, die Mühen der Lektüre durchzustehen und eine philosophische Befragung der Wirklichkeit zu beginnen.