Diplom Luise von Rohden / Klasse Prof. Una Moehrke / Studiengang Kunstpädagogik / Sommersemester 2015 / Burg Galerie am Volkspark
„Ästhetische Verhaltensweise ist die Fähigkeit, mehr an den Dingen wahrzunehmen, als sie sind, der Blick, unter dem, was ist, in Bild sich verwandelt.“
Adorno, „Ästhetische Theorie“, 1970
zwischen Klang und Zeichnung
Großformatige Tuschezeichnungen, gesammelte Klänge, prozessorientierte, partizipative Abeiten, die Räume zum Experimentieren auftun – Die im Rahmen meines Diploms entstandenen Arbeiten bewegen sich zwischen zwei Medien, zwischen Visuellem und Auditivem, zwischen Klang und Bild. Hörbares und Sichtbares beeinflusst sich gegenseitig, verknüpfen sich in der menschlichen Wahrnehmung und liegen für mich nicht weit auseinander. Meine Zeichnungen scheinen mitunter beim Ansehen „hörbar“ zu werden. Hörbar in ihrer Rhythmik, in den Farbnuancen der verschiedene Grautöne...
Das Parallel-Denken von Klang und Zeichnung ist für mich inspirierend. Manche der Zeichnungen haben ihren Ausgangspunkt in bestimmten Klängen. Im Zeichenprozess verselbstständigten sie sich meist wieder, sodass dieser Ausgangspunkt nicht mehr entscheidend ist. Andersherum suche ich Klänge, die ich in den Bildern sah. Es war aufschlussreich für mich zu erkennen, wie ich in beiden Medien ähnliche Prinzipien anwende:
Ich suche mit den gezeichneten Bildern und gesammelten Klängen nach Ganzheit der Form: Die sehr reduzierten Strichbalken der Bilder bilden eine Form, deren Zusammengesetzt-sein hinter ihrer Ganzheit zurücktritt. Die Klänge sind nicht zusammenmontiert, sondern bestehen aus einem Geräusch, das trotz seiner Alltäglichkeit in sich vielschichtig ist.
Ich isoliere und löse aus Bedeutungskontexten heraus. Die Reduktion und Konzentration, die sich daraus ergibt, öffnet für die Komplexität des scheinbar Einfachsten.
Mich interessiert der Kippmoment zwischen dem Nachvollziehen-Können und einer Verwandlung:
Die Zeichnungen bestehen aus nachvollziehbaren einfachen Strichen, die meist nur eine Richtung, eine ähnliche Breite, ähnliche Grautöne haben. Sie streben nicht danach, besonders gekonnt oder raffiniert auszusehen. Vielmehr sind sie als das was sie sind, als Spuren einer Bewegung zu erkennen. Dennoch verwandeln sie sich mitunter in etwas Anderes, in etwas Wesen- oder Landschafthaftes, das mir als Gegenüber entgegen tritt. Illusionen, die sich bei manchen der Bilder einstellen, bleiben völlig durchschaubar.
Die Klänge wiederum sind kaum bearbeitet. Sie sind noch das, was sie waren und als alltägliche Geräusche zu erkennen. Ich bin vor allem Hörende, die auswählt und isoliert. Ganz einfache, alltägliche Klänge verwandeln sich in etwas Musikähnliches: das Summen eines Stromkastens, Kohlensäurehaltiges Wasser in einem Metallgefäß, verschiedene Zäune, die einen Weg säumen und an denen ich, der gegebenen Reihenfolge des Weges folgend, entlang streife.
Text und Bild: Luise von Rohden